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KRITIK AN ARTHUR JANOV UND AN DER PRAXIS DER PRIMÄRTHERAPIE

 

Wer die Webseite von Dr. Janovs Primal Center (www.primaltherapy.com) besucht, findet dort viele positive Kommentare von Patienten dieses Instituts. Es gibt aber auch Leute, die offensichtlich schlechte Erfahrungen mit Arthur Janov bzw. seinen Therapeuten oder Zentren gemacht haben. So äußerte sich Peter Töpfer in einem Brief* an "Utopie1  sehr negativ zu seinen Erfahrungen in den 1980er Jahren an Janovs damaligem Insitut in Paris (existiert nicht mehr). Es sei eine "katastrophale Erfahrung" für ihn gewesen, und es habe "eklatante Misserfolge" gegeben. Janov hatte sich dann offenbar relativ abrupt entschlossen, wieder zurück in die Staaten zu gehen und hinterließ nach Töpfers Angaben eine Schar frustrierter Patienten, die ihrem Unmut und ihrer Enttäuschung in einem Artikel in einem französischen Magazin Luft machten. Ich erinnere mich, wie damals im SPIEGEL eine Anzeige Dr. Janovs erschienen war, in der es sinngemäß hieß, Dr. Janov freue sich, die Eröffnung seines europäischen Primärinstituts in Paris, Frankreich, bekanntgeben zu dürfen. Was wie die systematische Ausdehnung seines Primärtherapie-Angebots auf Europa aussah, hatte seinen realen Grund in den Turbulenzen in Janovs Privatleben: Er hatte sich in eine junge Französin (seine jetzige Frau France) verliebt, die sich an seinem Primal Institute in Los Angeles hatte behandeln und zur Therapeutin ausbilden lassen. Die Folgen: Scheidung von seiner Frau, Exodus aus dem Primal Institute, das er seiner Frau als Bestandteil der Scheidungsvereinbarungen überließ, und die Notwendigkeit, woanders neu anzufangen.

Vor kurzem fand ich auf der Webseite von Steve Hein unter http://eqi.org/janov.htm einen Artikel von Steve Hein, in dem er die Erfahrungen eines Mannes wiedergibt, der in den späten 1990er Jahren Patient an Janovs Primal Center in Venice, Kalifornien, war. Ich übersetze diesen Artikel aus dem Englischen und veröffentliche ihn hier mit Erlaubnis des Autors. Meinen eigenen Kommentar (*) füge ich hinzu, wo ich es für angebracht halte. Diese Kommentare finden Sie am Schluss des Artikels.

 *Brief siehe Seitenschluss

 

Steve Hein:

Warnende Anmerkungen zu Arthur Janov und dem Janov-Institut

(Diese Notizen wurden 2002 geschrieben)

Arthur Janov ist der Autor eines Buches, über das ich mir ausführlich Notizen machte: The Feeling Child

Im Juli 2002 traf ich jemanden, der in den späten 1990ern zwei Jahre in Kalifornien verbracht hatte und durch Janovs primärtherapeutische Behandlung gegangen war. Er sagte mir Dinge, die einige meiner Bedenken über Janov bekräftigten und viele neue Bedenken hervorriefen. Bevor ich diese Person traf, die ich Antonio nennen werde, hatte ich eine hohe Meinung von Janov, dachte aber dennoch, dass er den Einfluss des Geburtsprozesses überschätze. Antonio bestätigte, dass Janov zum Beispiel nicht viel über den Einfluss von Eltern auf Teenager redet. Er sagte, Janov glaube, dass ein Kind mit 10 oder 12 Jahren im Grunde fürs Leben eingerichtet sei. Ich stimme dem nicht zu, da ich Leute getroffen habe, die sagten, alles sei im Grunde bestens gewesen in ihrem Leben bis zum Alter von 10 oder 12. Das ist die Zeit, als sie anfingen für sich selbst zu denken und ihre Eltern wirklich in Frage zu stellen.

Einige Leute sagten mir auch, dass sie bis zum Alter von 10 oder 12 "Papis kleine Prinzessin" waren. Dann begannen die ganzen Auseinandersetzungen und die negativen Gefühle mehrten sich. Die emotionalen Bedürfnisse nach Fürsorge, Verständnis, Akzeptanz, Selbstkontrolle, Respekt und Freiheit wurden nicht erfüllt, was zu Depression und suizidalen Gefühlen und Gedanken führte.

Es folgt eine Zusammenfassung von Antonios Bedenken. Er bat mich, nicht seinen wirklichen Namen zu benutzen, da er eine Art gesetzlicher Vereinbarung und Verzichtleistung unterschrieben hatte und er, obwohl er jetzt in Europa lebt, immer noch Angst vor ihrer Reaktion hatte, falls sie das lesen sollten.

- Die Therapie sei ein bisschen zu sehr vereinfachend in dem Sinn, dass sie Gefühlsarbeit betone, während sie die intellektuelle Reflexion über Gefühle vernachlässige.*

- Sie seien intellektuell nicht so scharfsinnig gewesen, wie Antonio es gerne gehabt hätte. Er sagte, manchmal seien sie nicht fähig gewesen, sich mit komplexen Problemen zu befassen.

- Er habe in zwei Jahren Therapie über 20.000$ ausgegeben.

-Er habe sich ein bisschen ausgebeutet gefühlt. Er sagte, es half ein wenig, aber man müsse ständig und immer wieder zurückgehen. Er sagte, einige Leute gingen jede Woche zu mehreren Stunden Individualtherapie und mehreren Stunden Gruppentherapie.

- Damals habe die Einzeltherapie 110$ je Stunde gekostet. Die Gruppentherapie habe 70$ je Stunde gekostet.

- Er sagte, er sah dort Leute, die verzweifelt waren und in schlecht bezahlten Jobs für 10 Dollar die Stunde arbeiteten, damit sie die Therapie bezahlen konnten. Einige mussten sogar ihre Häuser verkaufen, um die Therapie zu bezahlen.

- Er sagte, sie würden nicht mit Leuten verhandeln, die ein niedriges Einkommen haben. Sie seien sehr streng gewesen. Wenn die Leute das Geld nicht hätten, müssten sie sofort mit der Therapie aufhören.**

- Die ersten paar Wochen haben 6.000$ für jeden gekostet.

- Wenn man mit der Therapie anfing und die 6.000$ für die drei Wochen Intensivtherapie zahlte, dann die Therapie abbrach, musste man weitere 2.000$ bezahlen, um sich einem erforderlichen zweiwöchigen Intensivprogramm zu unterziehen.

- Er sagte, einige Mitglieder des Personals schienen selbst eine Menge Probleme zu haben, obwohl sie vielleicht seit 10 Jahren in Therapie waren. Ein Mitglied des Personals war besonders grob zu den Klienten, was Antonio veranlasste, sich über das Management des Instituts zu wundern.

- Man habe  viele Ansprüche erhoben,was die Therapie betrifft, beinahe als sei sie ein Heilversprechen oder eine Wunderkur. Antonio glaubte nicht, dass die Therapie den Ansprüchen gerecht wurde.

- Er sagte, viele Leute betrachteten die Therapie wie eine Religion, als sie mit ihr begannen. Sie kamen mit sehr hohen und oft unrealistischen Erwartungen. Aufgrund der Ansprüche, die in Janovs Büchern erhoben wurden, und der persönlichen Geschichten, die in seinen Büchern geschildert werden, in Verbindung mit Janovs Theorien über die Verknüpfungen zwischen dem emotionalen Zustand und dem Körper war Antonio überrascht, als er Leute sah, die übergewichtig waren und Brillen trugen. Er erwartete, dass alle in nahezu perfekter körperlicher Verfassung seien.***

- Antonio sei auch überrascht gewesen, als er Leute sah, die dort seit vier oder mehr Jahren waren. Ihm wurde der Eindruck vermittelt, dass für die Arbeit mit Primärtherapie ein Maximum von zwei Jahren erforderlich sei.

- Er sagte, es sei ein wenig wie ein Kult, aber er würde nicht so weit gehen, es so zu nennen, weil man ja gehen könne. Dennoch - als ich Antonio zuhörte, erinnerte es mich an die Scientologen.

- Wenn man die Marketing-Broschüren gelesen habe, habe  man den Eindruck bekommen, man erhalte sehr wissenschaftliche elektronische Gehirn-Scans und andere objektive Messungen. Aber als Antonio nachgefragt habe, wo denn diese Dinge seien,habe er sehr ausweichende Antworten bekommen. Es sollte auch ein wichtiges Mitglied des Janov-Instituts da sein, ein Professor aus Dänemark, der angeblich mit der kartographischen Darstellung des Gehirns arbeitete, wie es in den Broschüren hieß, aber in den zwei Jahren, die Antonio dort war, sah er diesen Professor nie und ihm wurde nie die Chance auf eine Gehirnuntersuchung angeboten. Einer von Antonios Mitbewohnern sagte ihm, als jemand Frau Janov gefragt hatte, wurde sie abwehrend und sagte etwas wie "Wenn es dir hier nicht gefällt, kannst du gehen." ****

- Er dachte, die Therapeuten seien ein bisschen naiv und leichtgläubig, hätten aber grundsätzlich gute Absichten. Er sagte, sie vergötterten die Janovs beinahe. Einer der Therapeuten sagte einmal: "Arthur Janov hat überhaupt keine Abwehr mehr."

- Die Therapeuten schienen auch ein wenig zu streng von den Janovs kontrolliert zu werden. Man ermutigte Therapeuten nicht, viel von ihrem eigenen Urteilsvermögen oder Stil auf die Behandlung individueller Patienten anzuwenden.*****

- Er hörte viele Dinge, die ihn skeptisch machten hinsichtlich der Erfolgsgeschichten, die in Janovs Büchern groß propagiert werden.

- Er sagte mir, so um 1975 habe R.D. Rosen ein Buch geschrieben namens Psychoblabla oder so. Später fand ich heraus, dass er wahrscheinlich von dem Buch "Psychobabble: Fast talk and quick cure in the age of feeling" sprach.

- Er sagte auch, dass ein paar Leute Janovs Ideen mitgenommen und etwas angefangen hatten, das "Feeling Therapy" hieß, und diese Leute seien wirklich Ausbeuter gewesen. Über sie sei ein Buch geschrieben worden mit dem Titel "Therapy Gone Mad."

-Einmal sagte er zu einer seiner Therapeutinnen, dass sie wütend und defensiv zu sein scheine, und sie habe es verärgert geleugnet! Das erinnert mich, wie wichtig es ist, dass die Person, die versucht einer anderen zu helfen, ehrlich und authentisch mit ihren Gefühlen ist. Es gemahnt mich auch, dass eine Sache, die Menschen wollen und brauchen, die Gewissheit ist, dass sich jemand wirklich um sie sorgt. Sie wollen nicht einfach Techniken.******

- Er sagte, wenn man Dinge anzweifelte, erhielt man gewöhnlich eher defensive Standard-Antworten als wirkliche Antworten.

- Er sagte, die Therapeuten sagten oft arrogante Dinge wie: "Du kannst mich nicht verletzen." Aber er glaubte nicht, dass die Therapeuten ihre wirklichen Gefühle zeigten.

- Wenn er dort mit anderen Klienten über seine Bedenken geredet habe, verteidigten sie oft die Janovs. So entschuldigten sie vielleicht das Verhalten einer Therapeutin, indem sie sagten. "Das macht sie nur, um Gefühle in dir auszulösen." Das erinnert mich an den Lehrer, dessen Schüler ihn bei einem Fehler ertappen, und der dann sagt: "Ich wollte nur sehen, ob ihr aufpasst"!

-Eines der positiven Dinge, die er über seine Zeit dort sagte, war, dass man alles sagen konnte, oder beinahe alles. Dennoch habe er einmal gehört, dass einer der Direktoren gesagt habe, bestimmte Worte seien nicht erlaubt, wenn sie an die Therapeuten gerichtet seien.

Ich fragte ihn, wie zufrieden er mit der Therapie insgesamt sei. Er sagte, während er dort war, war sie okay, aber in dem Moment, als er ging, half sie ihm nicht mehr.Tatsächlich fühlte er sich schlechter zu einem gewissen Zeitpunkt. Er sagte, sie zerbrechen deine Abwehr aber sie helfen dir nicht wirklich, dein Problem zu lösen oder zum wirklichen Kern deines Problems zu gehen. Er sagte, sie vernachlässigen die Verbindung zwischen deinem Intellekt und deinen Emotionen.*******

- Man habe eine Menge Zeit auf emotionale Freisetzung verwendet. Aber man habe nicht genug Zeit darauf verwendet zu verstehen, woher die Emotionen kamen oder wie man dauerhafte Veränderungen zustande brachte.

- Er sagte, die Therapie habe einigen Leuten tatsächlich geholfen, sei aber im Allgemeinen nicht so hilfreich für hochgradig intellektuelle und kognitive Menschen gewesen.********

- Er sagte, einige Leute seien seit Jahren dorthin gegangen, in einem Fall sei ein Mann sogar seit mehr als 10 Jahren hingegangen und hane noch immer seine Wut freigesetzt und noch immer Unmut aus seiner Kindheit gefühlt.

- Ich fragte ihn, ob er nach seiner Zeit dort mehr Mitgefühl für Kinder habe. Er sagte nein. Es sei weniger. Und zwar deshalb, weil er voller Groll darüber sei, dass er so viel Zeit dort verbracht hatte und es ihm nichts gebracht habe. Er wollte nicht einmal darüber nachdenken, wie sich Kinder fühlten. Wenn er stattdessen mit einem Kind zusammen und ärgerlich und ungeduldig mit dem Kind war, war er versucht, das Kind zu schlagen, genau wie er von seinem Vater geschlagen worden war.

- Ich fragte ihn, ob ihm die Therapie dauerhafte Fähigkeiten mitgegeben habe, die er seit seiner Abreise genutzt habe. Er sagte, dies sei nicht der Fall. Er sagte, tatsächlich schienen einige Leute verantwortungsloser zu sein als zu Beginn der Therapie. Er sagte, zu viel werde frühen Kindheitserlebnissen zugeschrieben. Einige Leute benutzten, was sie gelernt hatten, um in der Falle festzustecken, ihren Eltern die Schuld zu geben.

- Er sagte, man brachte ihnen nicht bei, wie man verantwortungsvoll mit seinen Gefühlen umgeht. Man sagte ihnen nur, wie man seine negativen Gefühle freisetzt. Er sagte, man lehrte sie, dass nahezu alles, das ihnen in der Gegenwart widerfuhr, Kindheits-Reaktionen auslöse, es sei denn, sie gingen oft genug durch den Geburtsprozess. Er sagte, das könne hundertmal sein, aber dann seien sie lebenslang geheilt. Aber er fand, dass das in Wirklichkeit nicht passiert.

- Antonio und einige andere seien besorgt über Janovs Werte gewesen. Es habe ihn zum Beispiel gestört, dass Janov immer erster Klasse flog und in einem Multi-Millionen-Dollar-Haus in Malibu wohnte, in einem teuren Vorort von Los Angeles. Einige Leute seien augenblicklich abgereist, als sie herausfanden, wie Janov lebte. Antonio erzählte mir darüber, was Janov in seinem Buch "Prisoners of Pain" geschrieben hatte. Janov hatte geschrieben, dass Autos grundsätzlich nur für Beförderung gebraucht werden und dass die Leute dennoch teuere, Benzin fressende Autos kaufen. Auf diese Weise verwendet man sie für den Versuch, andere Bedürfnisse zu erfüllen, wie das Bedürfnis, die eigene Individualität und das Niveau des Status, der Macht und Wichtigkeit auszudrücken. Dann, als ich ging, fragte mich Antonio,welches Auto meiner Ansicht nach Janovs Frau fuhr. Ich tippte auf Mercedes oder BMW. Er sagte: " Nahe dran. Ein Jaguar-Kabriolett." *********

Ende des Steve Hein-Artikels

Übersetzung aus dem Englischen: Ferdinand Wagner

Kommentierte Auszüge aus dem Artikel:

- Die Therapie sei ein bisschen zu sehr vereinfachend in dem Sinn, dass sie Gefühlsarbeit betone, während sie die intellektuelle Reflexion über Gefühle vernachlässige.*

* Kommentar FW: Primärtherapie ist nun mal Gefühlstherapie. Es geht darum, tief verborgene Feelings, Schmerzen, Einprägungen aufzuspüren und aufzulösen. Intellektuelle Reflexion ist kein Schlüsselmedium der Primärtherapie, sondern - als Einsicht - die natürliche Folge tiefer Gefühlsarbeit. Ich muss hinzufügen, dass ich gerade ein Video des Primal Center angesehen habe (Referat von Frau Janov über Primärtherapie vor Patienten und Therapeuten) und unter dem Eindruck stehe, dass dort sehr wohl intellektuell reflektiert wird und der intellektuellen Einsicht angemessene Bedeutung beigemessen wird.

- Er sagte, sie würden nicht mit Leuten verhandeln, die ein niedriges Einkommen haben. Sie waren sehr streng. Wenn die Leute das Geld nicht hätten, müssten sie sofort mit der Therapie aufhören.** 

** Kommentar FW: In seinem jüngsten Buch Primal Healing schreibt Janov im Anhang "Was ist Primärtherapie?" Folgendes: ".....Wir sehen viel mehr Individuen aus der Arbeiterklasse als aus der Oberklasse. Es gibt Leute, die in ihren Autos lebten, um für die Therapie zu sparen, obwohl wir eine Stiftung haben, die bedürftigen Patienten Therapie-Stipendien anbietet." Auf der aktuellen Webseite des Primal Centers werden Patienten zitiert, die anscheinend ein solches Stipendium erhielten und sich dafür bedanken. Es scheint, dass sich die Dinge hier zugunsten mittelloser Patienten entwickelt haben.

- Er sagte, viele Leute betrachteten die Therapie wie eine Religion, als sie mit ihr begannen. Sie kamen mit sehr hohen und oft unrealistischen Erwartungen. Aufgrund der Ansprüche, die in Janovs Büchern erhoben wurden, und der persönlichen Geschichten, die in seinen Büchern geschildert werden, in Verbindung mit Janovs Theorien über die Verknüpfungen zwischen dem emotionalen Zustand und dem Körper war Antonio überrascht, als er Leute sah, die übergewichtig waren und Brillen trugen. Er erwartete, dass alle in nahezu perfekter körperlicher Verfassung seien.***

*** Kommentar FW: Leute, die eine Therapie machen wollen, haben in der Regel eine lange Leidensgeschichte hinter sich, die vielleicht schon im Mutterleib beginnt. Es ist mehr als naiv zu glauben, diese Menschen würden nach wenigen Monaten Behandlung perfekt "in Form" sein. Es kann sehr lange dauern, bis man an die eingeprägten Schmerzen herankommt, die jemanden zum Beispiel veranlassen, ständig zu viel zu essen.

- Wenn man die Marketing-Broschüren liest, bekommt man den Eindruck, man erhalte sehr wissenschaftliche elektronische Gehirn-Scans und andere objektive Messungen. Aber als Antonio nachfragte, wo denn diese Dinge seien, bekam er sehr ausweichende Antworten. Es sollte auch ein wichtiges Mitglied des Janov-Instituts da sein, ein Professor aus Dänemark, der angeblich mit der kartographischen Darstellung des Gehirns arbeitete, wie es in den Broschüren hieß, aber in den zwei Jahren, die Antonio dort war, sah er diesen Professor nie und ihm wurde nie die Chance auf eine Gehirnuntersuchung angeboten. Einer von Antonios Mitbewohnern sagte ihm, als jemand Frau Janov gefragt hatte, wurde sie abwehrend und sagte etwas wie "Wenn es dir hier nicht gefällt, kannst du gehen." ****

**** Kommentar FW: Der Professor aus Dänemark ist vermutlich Dr. Eric Hoffmann, der am Primal Center Veränderungen der Gehirnwellen-Aktivität bei Janov-Patienten untersucht hat und in Fachzeitschriften dokumentiert hat.

- Die Therapeuten schienen auch ein wenig zu streng von den Janovs kontrolliert zu werden. Man ermutigte Therapeuten nicht, viel von ihrem eigenen Urteilsvermögen oder Stil auf die Behandlung individueller Patienten anzuwenden.*****

***** Kommentar FW: Die Überwachung der Therapeuten ist nach Janovs eigenen Angaben wirklich strikt. Alle Sitzungen werden aufgezeichnet und besprochen. Vermutlich ist das nur zum Vorteil der Patienten, da alle Therapeuten persönliche Schwachpunkte haben und zu ganz spezifischen Fehlern neigen.

-Einmal sagte er zu einer seiner Therapeutinnen, dass sie wütend und defensiv zu sein schien, und sie leugnete es verärgert! Das erinnert mich, wie wichtig es ist, dass die Person, die versucht einer anderen zu helfen, ehrlich und authentisch mit ihren Gefühlen ist. Es gemahnt mich auch, dass eine Sache, die Menschen wollen und brauchen, die Gewissheit ist, dass sich jemand wirklich um sie sorgt. Sie wollen nicht einfach Techniken.******

****** Kommentar FW: Unaufrichtigkeit von Therapeuten gegenüber Patienten/Klienten ist eine Todsünde. Das sagt einem der gesunde Menschenverstand.

Ich fragte ihn, wie zufrieden er mit der Therapie insgesamt sei. Er sagte, während er dort war, war sie okay, aber in dem Moment, als er ging, half sie ihm nicht mehr.Tatsächlich fühlte er sich schlechter zu einem gewissen Zeitpunkt. Er sagte, sie zerbrechen deine Abwehr aber sie helfen dir nicht wirklich, dein Problem zu lösen oder zum wirklichen Kern deines Problems zu gehen. Er sagte, sie vernachlässigen die Verbindung zwischen deinem Intellekt und deinen Emotionen.*******

******* Kommentar FW: Es kann Jahre dauern, bis man zum "wirklichen Kern des Problems" vordringt. Das ist dann in erster Linie Aufgabe des Patienten. Der Therapeut/die Therapeutin hat ihm gezeigt, wie er das "Werkzeug Primärtherapie" zu seinem Nutzen einsetzen kann. Die langfristige Anwendung aber ist Sache des Patienten. Wenn  jemand nach zwei Jahren Primärtherapie beginnt, sich schlechter zu fühlen, kann das bedeuten, das ein schwerwiegendes Trauma im Aufsteigen begriffen ist. So ist der Primärprozess nun mal. Das Dilemma ist, dass es kein weltweites Netz von Janov lizensierter Primärtherapeuten gibt. Wenn Patienten nach Europa zurückkehren, müssen sie sich hier jemand suchen, der/die sie unterstützen kann, oder sich mit "Telefontherapie" begnügen.

- Er sagte, die Therapie half einigen Leuten tatsächlich, war aber im Allgemeinen nicht so hilfreich für hochgradig intellektuelle und kognitive Menschen.********

******** Kommentar FW: Es scheint mir für einen Therapeuten ungeheuer schwierig, einem "hochgradig intellektuellen" Menschen Zugang zu Gehirnzonen zu verschaffen, die Fühlen vermitteln, bzw. die alte schmerzvolle Feelings und Empfindungen von Lebensanfang und Kindheit speichern. Ich würde einem Intellektuellen raten: "Überlegen Sie es sich gründlichst, ob sie die Therapie machen wollen. Es wird eine verdammt diffizile und langwierige Angelegenheit!"

- Antonio und einige andere waren besorgt über Janovs Werte. Es störte ihn zum Beispiel, dass Janov immer erster Klasse flog und in einem Multi-Millionen-Dollar-Haus in Malibu wohnte, in einem teuren Vorort von Los Angeles. Einige Leute reisten augenblicklich ab, als sie herausfanden, wie Janov lebte. Antonio erzähle mir darüber, was Janov in seinem Buch "Prisoners of Pain" geschrieben hatte. Janov schrieb, dass Autos grundsätzlich nur für Beförderung gebraucht werden und dass die Leute dennoch teuere, Benzin fressende Autos kaufen. Auf diese Weise verwendet man sie für den Versuch, andere Bedürfnisse zu erfüllen, wie das Bedürfnis, die eigene Individualität und das Niveau des Status, der Macht und Wichtigkeit auszudrücken. Dann, als ich ging, fragte mich Antonio,welches Auto meiner Ansicht nach Janovs Frau fuhr. Ich tippte auf Mercedes oder BMW. Er sagte: " Nahe dran. Ein Jaguar-Kabriolett." *********

********* Kommentar FW: In einem früheren Buch (Das neue Bewusstsein-Primal Man) schreibt Janov in den Schlussbetrachtungen, der Primärmensch sei ein einfacher Geselle, habe wenig Wünsche, liebe Schönheit und Natur, ganz im Gegensatz zum Neurotiker, der sich immer weigern werde, "..individuelle Vorrechte und Privilegien zugunsten des Allgemeinwohls aufzugeben, weil er unbefriedigte Bedürfnisse in sich herumträgt." Wenn ich mir Antonios Schilderung vor Augen führe, dann scheint es doch wirklich so, als würden die Janovs größten Wert darauf legen, eben zu diesen Privilegierten zu gehören, die sich jeden erdenklichen Luxus ohne Rücksicht auf Umwelt und Allgemeinwohl leisten. Ich erinnere mich an einen Artikel eines ehemaligen Primärtherapeuten, der lange Zeit an Janovs Primal Institute (das jetzt seine Frau Vivian leitet) gearbeitet hatte. Dieser Artikel war in einem Diskussionsforum über Primärtherapie aufgetaucht. Der Autor - Curtis Knecht - beschreibt darin die Janovs als ganz gewöhnliche Leute - neurotisch und gierig.

Man fragt sich unweigerlich, wieviel von seiner Vision des Primärmenschen Janov - der ja in seinen Büchern öfters mit marxistisch-sozialistischem Gedankengut sympathisiert - in seinem eigenen Leben umsetzen kann. Bei aller Hochachtung vor Arthur Janov - aber Irgendwie wirkt er hier fast wie ein Dinosaurier, der zwar die Vision einer neuen Zeit entwirft und Mittel und Wege dorthin aufzeigt, der aber - was seine Lebensweise betrifft - offensichtlich größte Schwierigkeiten hat, eigene Schritte auf diesem Weg zu gehen. Und so bleibt er wie die meisten seiner Zeitgenossen Gefangener einer erdzerstörenden Epoche, deren überbetont materialistisch-kapitalistischen (Ersatz-)Werte sich für die Zukunft vermutlich als untauglich erweisen. Was sich immer wieder als wahr erweist: Zwischen Theorie und Praxis tut sich eine Kluft auf, die es erst einmal zu überwinden gilt!

 

++Der Brief (Email) Peter Töpfers:

Guten Tag!

Ich kenne die Seiten  seit längerem und kannte auch die vorgängerseiten - alles sehr gut! Ich möchte mich bei der gelegenheit bedanken! - auch bei denen, die Sie urheberrechtlich nicht verfolgen... Ich selbst hatte - noch bevor ich Ihr seite fand - ebenfalls einige janov-texte im netz veröffentlicht ( nationalanarchismus.org ).

........

"Zum Schluss möchte ich noch einmal meine felsenfeste Überzeugung bekunden: Echte Primärtherapie gibt es nur bei Dr. Janov! Ich lasse mich gern eines Besseren belehren. Sollte jemand hier in Deutschland voll überzeugt sein, bei irgendjemandem richtige Primärtherapie gemacht zu haben, so möge er/sie das kundtun."

Nun, bei mir verhält es sich so: Ich war in den 80er jahren kunde (ich sage bewußt nicht "patient") an janovs "institut primal européen" in paris. Mit einem therapeuten von dort arbeite ich nun seit sieben jahren hier in berlin zusammen. Die erfahrung in paris war katastrophal. Ich möchte hier nicht ausführlich werden, aber ich kann Ihre janov-begeisterung nicht wirklich teilen, weil ich viel zu viel eklatante mißerfolge mit eigenen augen aus allernächster nähe janovs gesehen habe. Die arbeit mit dem von janov in LA ausgebildeten therapeuten verläuft aber gut (soweit man das angesichts der seelischen katastrophe überhaupt sagen kann - insofern haben mich einige passagen aus Ihrem oben genannten text berührt - "Darf es noch ein Trauma sein?... überwältigende Todesgefühle..."). Ich weiß aber nicht, ob das "echte" und "richtige Primärtherapie" ist und ich Sie also "eines Besseren belehren" kann.

Ehrlich gesagt möchte ich auch gar keine "Primärtherapie" machen bzw. ist mir das egal. Ich will nur meine wahrheit, mehr nicht. Als ich nach der völlig verkorksten erfahrung in paris mit jenem von janov ausgebildeten therapeuten in berlin ein gespräch führte, in dem ich herausfinden wollte, ob es für mich sinn macht, weiter mit ihm zu arbeiten, sagte er: eigentlich müßte es "wahrheitstherapie" heißen. Damit war ich zufrieden, und - wie gesagt - die arbeit mit ihm verläuft eigentlich zufriedenstellend. (Inzwischen habe ich auch meine eigene theorie zu papier gebracht zu dieser ganzen problematik und werde sie demnächst als buch herausbringen. Ich spreche heute überhaupt nicht mehr von "therapie", sondern nur noch von wahrheit.)

Ich hoffe, ich habe Sie jetzt nicht enttäuscht von janov, aber ich wollte Ihnen nur kurz meine erfahrung mitteilen, da Sie Ihre seiten-besucher regelrecht dazu auffordern. Ich schätze janov natürlich sehr, aber seine praxis, sein institut in paris, das war für mich nicht anderes als ein fließband - ein sehr teures.

Mit freundlichen grüßen und nochmals der mitteilung, daß ich Ihre seite sehr gut finde
peter tö.